von Dipl.oec. Traute Kaufmann am 10. Juli 2023
Bioflytech übernimmt Vorreiterrolle bei Herstellung, Verarbeitung und Vermarktung von Ungeziefermehl und Ungezieferfett
Das von Bioflytech aus dem Larven der Soldatenfliege produzierte, sogenannte ‚Insektenmehl‘, soll als Zutat für Tiernahrung, Tierfutter und für die Aquakultur vertrieben, das Ungezieferfett an die Pharma- und Kosmetikindustrie verkauft werden.
Derzeit werden die benötigten Produktionsanlagen in Galizien gebaut. Hier sollen dann die 12‘000 Tonnen Larven pro Jahr gezüchtet werden. Bioflytech strebt an, sich mit dieser Massenproduktion von Larven der Soldatenfliege als einer der weltweiten Marktführer in der Branche zu etablieren.
Bürgermeister Pablo José Taboada Camoira bedankt sich dafür, dass Ungeziefermehl die spanischen Landwirte bei der Viehfütterung unterstützen wird
Die spanische Tageszeitung La Voz de Galicia berichtete bereits im Frühjahr 2023 vom Projektstart in Palas de Rei, bei dem der Bürgermeister Pablo José Taboada Camoira sich glücklich darüber zeigte, dass Bioflytech seine Gemeinde für die Errichtung seiner Fliegenlarven-Zucht- und Ernteanlage ausgewählt hat. Er freute sich über die dadurch entstehenden neuen Arbeitsplätze und dankte dem Umweltminister der autonomen Region Galicien Ángeles Vázquez dafür, den Impuls für das Projekt gegeben zu haben. Ebenso drückte er seine Freude darüber aus, dass Bioflytech „[…] auch Landwirten dabei helfen wird, Rohstoffe zu erhalten, die an Nutztiere verfüttert werden können“ (2). Zu diesem Zweck werden in den Bioflytech-Farmen Fliegenlarven geerntet, aufgezogen und in Mehl und Fett umgewandelt, welches dann Tieren als Futter zugeführt wird (3).
Insekten waren als Nutztierfutter in der EU bis vor Kurzem noch verboten
In Folge der in 1986 erstmals in England aufgetretenen Rinderseuche BSE (Bovine spongiforme Enzephalopathie), der auch Menschen befiel, durften Futtermittel tierischen Ursprungs - so auch Insekten – bis 2021 in der EU nicht an Nutztiere verfüttert werden. Als Ursache wurde die Verfütterung von erkrankten Schafen an Rinder festgestellt. Daraufhin wurde die Verfütterung von zu Mehl verarbeiteten Tieren an Wiederkäuer von der britischen Regierung im Jahr 1988 verboten. Der Export von Tiermehl auf den europäischen Kontinent wurde jedoch lange Zeit nicht oder nur ungenügend kontrolliert (4). Erst seit 1989 haben die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedstaaten eine umfassende Reihe von Maßnahmen umgesetzt, um das BSE-Risiko in der EU in den Griff zu bekommen. BSE ist eine tödliche neurodegenerative Erkrankung, die bei Menschen und Tieren auftritt und als transmissible spongiforme Enzephalopathien (TSE) bezeichnet wird. Sie wird durch die abnorme Form eines Zellproteins verursacht, das als Prion-Protein (PrP) bezeichnet wird. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) schreibt, dass die klassische BSE auf Menschen übertragbar ist und dass sich beim Verzehr von verseuchtem Fleisch die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit als Variante auf Menschen überträgt (5).
Seit 2021 dürfen Schweine und Hühner in der EU mit Insekten gefüttert werden
Seit 2017 ist die Verfütterung von Insekten an Aquakulturfische und seit 2021 an Geflügel und Schweine erlaubt. Bei diesen Nutztieren handelt es sich um Arten, die von Natur aus (auch) tierische Nahrung fressen und gut verwerten können. Reine Pflanzenfresser wie Rinder, Schafe oder Ziegen dürfen hingegen nicht mit Insekten gefüttert werden (6). Unbenommen dessen steigt das Interesse an diesem Geschäftsmodell zunehmend und es ist aus verschiedenen Gründen davon auszugehen, dass Insektenmehl und Insektenfett seitens der Behörden zukünftig eine noch stärkere Rolle in unserer Nahrungskette beigemessen werden wird. Daher ist es aus Verbrauchersicht wichtig, Klarheit über die Risiken zu erlangen, die mit der Herstellung, Verarbeitung und dem Verzehr von Insekten als Eiweißquelle direkt – aber auch indirekt durch Verwendung als Tierfutter - verbunden sind.
EFSA: Auftreten von anormalen Proteinen bei Insekten, die BSE oder Creutzfeldt-Jakob-Krankheit auslösen können, voraussichtlich gleich oder geringer als bei herkömmlichen Proteinquellen
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kommt in ihrem Gutachten zu folgendem Schluss: „[…] das mögliche Vorhandensein biologischer und chemischer Gefahren in von Insekten gewonnenen Lebens- und Futtermitteln wäre abhängig von den Produktionsverfahren, der Nahrung der Insekten (dem Substrat), der Lebenszyklus-Phase, in der die Insekten geerntet werden, den Insektenarten sowie den für die weitere Verarbeitung eingesetzten Verfahren […]“ (7). Die Sachverständigen der EFSA meinen, dass die Fütterung nicht verarbeiteter Insekten mit derzeit zugelassenen Futtermittel-Ausgangserzeugnissen das mikrobiologische Gefahrenpotenzial voraussichtlich dem anderer nicht-verarbeiteter Proteinquellen entspricht, räumt aber gleichzeitig ein, dass die zur Verfügung stehenden Daten über den Transfer chemischer Schadstoffe von verschiedenen Substratarten auf die Insekten selbst begrenzt sind. Ihr Fazit lautet dennoch: „Das Auftreten von Prionen – anormale Proteine, die Krankheiten wie die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) bei Rindern und die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen auslösen können – ist bei Insekten voraussichtlich gleich oder geringer als bei herkömmlichen Proteinquellen, sofern das Substrat kein menschliches Eiweiß (Gülle) oder Eiweiß von Wiederkäuern enthält“ (7).
Der Verbraucher möge sich aus diesen Aussagen der EFSA-Gutachter seine eigenen Schlussfolgerungen ziehen.
Wer kein Risiko eingehen möchte, überprüft seine Lebensmitteleinkäufe auf Insektenmehl, Insektenfett und andere Inhaltsstoffe aus Insekten mit der App namens InsectInspect / Insekten in Lebensmitteln
Die App InsectInspect.app / InsekteninLebensmitteln.com kann die Zutatenliste auslesen und bietet daher höchste Trefferquoten
Die App liest den EAN-Code oder die Zutatenliste aus und zeigt unerwünschte Insektenzutaten zuverlässig auf. Und natürlich funktioniert die App auch zur Überprüfung von Hunde- und Katzenfutter auf unerwünschte Insektenbeigaben von Hausgrille, Mehlkäfer, Heuschrecke und Buffalowurm. Die App kann - anders als vergleichbare Apps - die Zutatenliste auslesen und ist daher unabhängig von der Funktionsfähigleit des EAN-Codes. Das ist wichtig, weil sehr viele EAN-Codes nicht in den offiziellen Datenbanken wie bspw. die Open Food Fact hinterlegt sind. Hier greifen vergleichbare Apps ins Leere und zeigen oft ein Fragezeichen an, weil sie die Zutaten nicht auslesen können. Insect Inspect.app lässt sie hier nicht im Stich, was besonders bei regional angebotenen Lebensmitteln wichtig ist, da diese in der Regel nicht in offiziellen Datenbanken hinterlegt sind. Die App ist sowohl als iOS, als auch für Androids erhältlich. tinsectinspect.app.
Quellen:
(1) Bioflytech (17.04.2024): Bioflytech to Produce Flours and Fats from Dried Black Soldier Fly Larvae. NewProtein.net. Abgerufen von https://www.newprotein.net/news/bioflytech-to-produce-flours-and-fats-from-dried-black-soldier-fly-larvae am 19.04.2024.
(2) La Voz de Galicias (09.02.2023). Palas de Rei tendrá un planta de cosecha y cría de larva de mosca que creará 50 empleos directos. Abgerufen von https://www.lavozdegalicia.es/noticia/lugo/palas-de-rei/2023/02/09/palas-rei/00031675937828087994849.htm am 19.04.2024.
(3) Ebenda.
(4) Rheinische Post (27.11.2000): Rinderwahnsinn vor 14 Jahren entdeckt. Abgerufen von https://rp-online.de/politik/rinderwahnsinn-vor-14-jahren-entdeckt_aid-8200117 am 20.04.2024,
(5) Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit - efsa (31.08.2023): Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE). Abgerufen von https://www.efsa.europa.eu/de/topics/topic/bovine-spongiform-encephalopathy-bse am 20.04.2024.
(6) Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (30.05.2023): Insekten als Futter für Nutztiere. Abgerufen von https://www.landwirtschaft.de/landwirtschaft-verstehen/wie-funktioniert-landwirtschaft-heute/innovation-und-technik/insekten-als-futter-fuer-nutztiere am 19.04.2024.
(7) Efsa Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (08.10.2015): Insekten als Lebens- und Futtermittel: Was sind die Risiken? Abgerufen von https://www.efsa.europa.eu/de/press/news/151008a#:~:text=Das%20Auftreten%20von%20Prionen%20%E2%80%93%20anormale,Proteinquellen%2C%20sofern%20das%20Substrat%20kein am 19.04.2024.
Bildnachweise
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Kuh: Pixabay, Pexels
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